Welche Auswirkungen hat der EZB Leitzins auf die Baufinanzierungszinsen?
Verändert die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins, dann hat das auch Auswirkungen auf die Bauzinsen in Deutschland. Warum das so ist und wie schnell die Bauzinsen reagieren, zeigen wir hier.

Das Verhältnis Leitzins und Bauzinsen
Sobald die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins erhöht oder senkt, kommt die Frage auf: Was passiert nun mit den Bauzinsen? Hausbesitzer und solche, die es werden wollen, möchten dann wissen, welche Konsequenzen die Änderung für sie hat und wie sie reagieren sollen. Eindeutige Antworten zu finden, ist allerdings eine Herausforderung: Wenn sich der Leitzins bewegt, liest man oft, dass die Baufinanzierungszinsen nachziehen. Wann und in welchem Umfang, wird dabei allerdings meist nur vage prognostiziert. Der Grund: Die Zusammenhänge sind komplex, was genaue Vorhersagen erschwert.
Wir wollen einmal vorweg nehmen: Der EZB Leitzins beeinflusst die Baufinanzierungszinsen nur indirekt. Eine Kettenreaktion kann zwar zustande kommen, muss aber nicht. Es stellen sich also die Fragen: Warum hat der Leitzins keinen direkten Einfluss auf die Bauzinsen? Und wovon hängen sie stattdessen ab, sprich: Woran können Immobilieninteressierte verlässlich ablesen, welche Entwicklung Bauzinsen machen? Ziel dieses mehrteiligen Artikels ist es, diese Fragen Schritt für Schritt verständlich zu beantworten.
Wovon Bauzinsen wirklich abhängen
Das genaue Verhältnis zwischen Leitzins und Baufinanzierungszinsen erschließt sich erst, wenn man versteht, wie Banken sich refinanzieren und in welchem Zusammenhang Staatsanleihen, Pfandbriefe und Baufinanzierungszinsen stehen.
Dazu werden wir drei Thesen nacheinander näher beleuchten.
1. These: Banken refinanzieren Baufinanzierungen vorwiegend über langfristige Anleihen wie Pfandbriefe
Im ersten Schritt ist es wichtig, zu verstehen, woher Banken das Geld für Baufinanzierungen überhaupt nehmen. Die Refinanzierung von Baufinanzierungen wird in erster Linie über den Handel mit Pfandbriefen gesteuert. Vereinfacht gesagt funktioniert das folgendermaßen: Banken besitzen selbst Immobilien und sie besitzen Rechte an den Immobilien ihrer Baufinanzierungskunden. Sowohl die eigenen Immobilien als auch die Immobilien ihrer Kunden beleihen sie, indem sie Pfandbriefe dafür an Anleger herausgeben. Die Anleger leihen der Bank also Geld und erhalten im Gegenzug gute Zinsen und Rechte an den Immobilien als Sicherheit.
Diese Gelder gibt die Bank weiter an Kunden, die eine Baufinanzierung benötigen. Die Kunden zahlen über viele Jahre hinweg den Kredit mit Zinsen an die Bank zurück. Die Bank behält von diesen Zinsen einen Teil für ihren eigenen Gewinn ein und gibt den Rest an die Anleger weiter. Unsere Infografik zeichnet den zugrunde liegenden Kreislauf nach.
In unserem ersten Artikel zur Refinanzierung von Baufinanzierungen beschreiben wir die Zusammenhänge nochmal detaillierter.
2. These: Die Konditionen der Pfandbriefe orientieren sich an den Konditionen der Staatsanleihen
Wir haben nun gezeigt, dass Baufinanzierungen über Pfandbriefe refinanziert werden. Daraus folgt: Muss die Bank den Anlegern höhere Zinsen für Pfandbriefe zahlen, holt sie sich diesen Nachteil von den Baufinanzierungskunden zurück und gibt auch die Baufinanzierungen zu höheren Zinsen raus. Steigen und sinken also die Zinsen für Pfandbriefe, steigen oder sinken die Baufinanzierungszinsen. Damit haben wir einen direkten Zusammenhang gefunden: Bauzinsen hängen von den Zinsen für Pfandbriefe ab. Fragt sich nur noch: Wovon hängen nun ihrerseits die Pfandbriefzinsen ab? Werden sie direkt vom Leitzins bestimmt? Die Antwort lautet: Jein. Nicht direkt.
Wenn sich der Leitzins bewegt, hat das direkten Einfluss auf den Geldmarkt, an dem kurzfristige Anlagen gehandelt werden. Sinkt der Leitzins zum Beispiel, sinken auch direkt die Zinsen für Tagesgelder oder Festgelder. Diese werden unattraktiver, Anleger wandern ab Richtung Kapitalmarkt und suchen dort bessere Zinsen und sichere Häfen wie Staatsanleihen. Weil plötzlich viele Anleger Staatsanleihen haben möchten, kann Deutschland für seine Staatsanleihen höhere Preise (Kurse) verlangen und muss dafür weniger Zinsen an die Anleger zahlen. Hier greift das klassische Angebot-Nachfrage-Prinzip. Die Zinsen der Pfandbriefe, mit denen Baufinanzierungen ja refinanziert werden, orientieren sich an den Zinsen für Staatsanleihen. Hier haben wir also den zweiten, direkten Einflussfaktor gefunden und können eine Kette bilden: Sinken die Zinsen für Staatsanleihen, sinken die Zinsen für Pfandbriefe, sinken die Zinsen für Baufinanzierungen.
In unserem zweiten Artikel Woran sich die Pfandbriefe mit ihren Konditionen orientieren zeichnen wir diese Kette nochmal genau nach.
3. These: Der Leitzins hat keinen direkten, unmittelbaren Einfluss auf die Baufinanzierungszinsen
Nun könnte man schlussfolgern: Wenn die Leitzinsen sinken, sinken also auch die Zinsen der Staatsanleihen, und das initiiert das Absinken der Bauzinsen in direkter Folge. Das ist aber eine Fehlannahme. Denn unsere Daten zeigen: Die Bauzinsen sinken immer bereits, bevor der Leitzins sich bewegt. Klingt paradox, ist aber so. Woran liegt das?
Daran, dass sich Leitzinsänderungen in der Regel schon im Vorfeld abzeichnen, bevor sie getätigt werden. Ist also eine Leitzinssenkung geplant, dann macht dies schon vorher die Runde, und die Märkte preisen diese zu erwartende Entwicklung schon vorher ein. Das gilt auch für die Staatsanleihen: Auch ihre Zinsen sinken schon, bevor es zur Leitzinssenkung gekommen ist, und mit ihnen die Bauzinsen. Und in dem Moment, in dem die Leitzinsen dann wirklich sinken, wandern natürlich erst recht Anleger zu sicheren Häfen wie Staatsanleihen ab, und der Effekt verstärkt sich nochmals. Das zeigt auch unsere dritte Grafik: Die Bauzinsen sind im Gleichschritt mit den Staatsanleihen in der Regel schneller als der Leitzins, sie nehmen seine Entwicklung praktisch vorweg.
Damit lautet das Fazit: Der Leitzins hat nur indirekt Auswirkungen auf den Bauzins.
Im dritten Artikel skizzieren wir das Verhältnis zwischen Leitzins und den Baufinanzierungszinsen nochmal genauer und erläutern, welche Kettenreaktionen möglich sind und welche im Normalfall eintreten.
Das Resümee: Den Blick auf die Staatsanleihen richten und den EZB Leitzins vernachlässigen
Unsere Ausführungen zu den drei oben genannten Thesen lassen nur eine Erkenntnis zu: Wenn man erfahren möchte, wie sich Bauzinsen entwickeln und ob die Baufinanzierung teurer oder günstiger wird, hilft der Blick auf den Leitzins nicht weiter, weil die Bauzinsen ihm vorweg eilen.
Im Gegensatz dazu - und das ist die wohl wichtigste Erkenntnis dieses Artikels - bieten aber die Staatsanleihen und die Pfandbriefe eine sehr verlässliche Vorhersage. Denn klar ist: Wohin diese beiden Anlagen tendieren, dahin entwickeln sich auch die aktuellen Bauzinsen.
Die Dr. Klein Spezialisten für Baufinanzierung behalten das für Sie im Blick: Im Zinskommentar geben sie regelmäßig ihre Einschätzung zur Zinsentwicklung ab.
- Einleitung: Der EZB-Leitzins und die Bauzinsen
- Die Refinanzierung von Baufinanzierungen über Pfandbriefe
- Pfandbriefe orientieren sich an Staatsanleihen
- Der EZB Leitzins hat keinen direkten Einfluss auf die Baufinanzierungszinsen
Leitzins, Bauzinsen und Hauskauf: Schnell handeln oder warten?
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